Positionen des Fränkischen Weinbauverbands zur Landtagswahl in Bayern 2018

Franken ist Bayerns bekanntestes Weinanbaugebiet. Auf rund 6.300 Hektar Anbaufläche produzieren die fränkischen Winzerinnen und Winzer nicht nur vielfach prämierte Weine, sondern erhalten auch eine einzigartige Kulturlandschaft, die dazu beiträgt, dass im Jahr 2017 erstmals über 9 Millionen Touristen nach Franken kamen. Traditionsbewusst und gleichzeitig zukunftsorientiert fördert der fränkische Weinbau die Entwicklung des ländlichen Raums und steht für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Natur.

Im Hinblick auf die Landtagswahl in Bayern am 14. Oktober 2018 zeigt der Fränkische Weinbauverband e.V. den politischen Entscheidern, vor welchen Herausforderungen der Weinbau in Franken steht und welche fachlichen Maßnahmen für einen weiterhin erfolgreichen Weinbau nötig sind. Für weiterreichende Informationen und Fragen dazu können Sie den Fränkische Weinbauverband e.V. unter den gewohnten Kontaktdaten erreichen.

1. Erhalt des Steil- und Terrassenlagenweinbaus und Förderung der Biodiversität

Die Weinberge in den Steil- und Terrassenlagen entlang des Mains prägen die fränkische Kulturlandschaft. Seit Generationen arbeiten die fränkischen Winzerinnen und Winzer unter erschwerten Bedingungen in diesen Lagen. Während in direktzugfähigen Lagen durch den technologischen Fortschritt Trauben nahezu vollmechanisiert produziert werden können, geschieht der Weinbau in den Steil- und Terrassenlagen in echter und aufwendiger Handarbeit. Die Lagen prägen nicht nur die fränkische Kulturlandschaft, sondern sind auch wichtiger Lebensraum für zahlreiche (teils gefährdete) Pflanzen- und Insektenarten. Zudem sind die dortigen Wege Erholungsräume für Einheimische und Anziehungspunkte für Touristen.

Ein Rückgang der Steil- und Terrassenlagen hat dramatische Auswirkungen auf das Landschaftsbild, wie an der Mosel und am Mittelrhein beobachtet werden kann. Offengelassene Weinberge werden im Zuge der Sukzession im Laufe der Zeit verbuschen und verwalden. Die Attraktivität der Weinbergslagen nimmt stetig ab, mit den entsprechenden Folgen für Flora und Fauna sowie die Menschen. Eine Kulturlandschaft verschwindet…

Benötigte Maßnahmen für die Zukunft:

  • Förderung der Bewässerung, insbesondere im Bereich der Wasserspeicherung und –bereitstellung, im Zuge einer dritten Phase der Flurbereinigung unter Einbindung der Ämter für Ländliche Entwicklung
  • Erhalt der Maßnahme B55 – Weinbau in Steil- und Terrassenlagen mit der notwendigen Mittelausstattung im Bayerischen Kulturlandschaftsprogramm (KULAP)
  • Zugang zur KULAP Maßnahme B59 bzw. Schaffung einer eigenen Maßnahme: Biodiversität im Weinbau
  • Anerkennung der Biodiversitäts-Leistungen als Ökopunkte

2. Schutz geografischer Herkünfte

Die Europäische Union hat bereits 1992 mit den Siegeln „Geschützte Ursprungsbezeichnung“ (g.U.) und „Geschützte geografische Angabe“ (g.g.A.) den Erzeugern der Agrar- und Ernährungswirtschaft die Möglichkeit gegeben, ihre Produkte schützen zu lassen. Im Zuge der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) wurde auch der europäische Weinbau in dieses System aufgenommen.

Die Einführung des Autorisierungssystems für Rebpflanzungen im Jahr 2016 ermöglichte es, dass in ganz Deutschland – auch außerhalb der Anbaugebiete (geschützten Ursprungsbezeichnungen / g.U.) und Landweingebiete (geschützte geografische Angaben / g.g.A.) – Reben mit entsprechender Genehmigung angebaut und die produzierten Trauben zu Wein verarbeitet werden dürfen. Gleichzeitig hat die Europäische Kommission angekündigt, den Anbau von Reben europaweit 2030 vollständig freizugeben.

Benötigte Maßnahmen für die Zukunft:

  • Profilierung der geschützten Ursprungsbezeichnung Franken sowie der bayerischen geschützten geografischen Angaben (Main, Regensburg, Bayerisches Bodensee) gegenüber anderen frei entstehenden Anbauflächen in Bayern.
  • Bundesweiten Schutz der g.U. und g.g.A. im Sektor Wein.
  • Entkoppelung der Kategorie g.g.A. vom Begriff Landwein, um diese Kategorie aufzuwerten.

3. Förderung des Weintourismus

Der Weintourismus in Franken gilt als Benchmark für den modernen Weintourismus in Deutschland. Initiativen wie die Gästeführer Weinerlebnis Franken oder „Die magischen Orte des Frankenweins“ sind Vorbild in allen anderen Anbaugebieten. Die Marke „Franken: Wein.Schöner.Land!“ gehört zu den bekanntesten Tourismusmarken in Bayern und Deutschland. Mit der Strukturförderung Bayerischer Weinbau werden jährlich zahlreiche Projekte unterstützt: Infrastrukturmaßnahmen wie Regional-Vinotheken, Weinwanderwege usw., regionale Tourismuskonzepte und gemeinsame Maßnahmen.

Der Abschlussbericht der Studie „Wirtschaftsfaktor Tourismus im Weinland Franken“ führt an, dass der Brutto-Umsatz bei 3.244,1 Mio. € (Stand 2012) liegt. Unterstellt man, dass der Frankenwein und die Kulturlandschaft ein Hauptreisegrund ist, so kommt man zu dem Schluss, dass die Ausgabe eines Euros (1,-€) weitere 15,-€ im Weintourismus generiert.

Benötigte Maßnahmen für die Zukunft:

  • Fortführung der Strukturförderung Bayerischer Weinbau mit gleicher oder steigender Mittelausstattung.
  • Erstellung einer aktuellen Studie zum Wirtschaftsfaktor Tourismus im Weinland Franken.

4. Neue Düngeverordnung – praxistaugliche Umsetzung im Weinbau

2017 trat die neue Düngeverordnung in Kraft, doch die Auswirkungen auf die Arbeit der Winzerinnen und Winzer treten nun erst Stück für Stück ans Licht. Neben zusätzlichen Proben-, Berechnungs- und Dokumentationspflichten werden langjährige in der Praxis gelebte Verfahren nicht nur in Frage gestellt sondern zum Teil ad absurdum geführt. Gerade der ökologische Weinbau steht vor schwierigen Zeiten, da die Grenzwerte bei Stickstoff und Phosphat durch die Ausbringung von Komposten leicht überschritten werden. Die seit Jahrzehnten praktizierte Ausbringung von Trestern, mit der wertvolle Nährstoffe und Spurenelemente auf natürliche Weise in die Weinberge zurückgeführt werden, wird durch Auflagen hinsichtlich der Ausbringung und der (Zwischen-)Lagerung unnötig erschwert.

Die Ausweisung der sog. „roten Gebiete“ und die damit verbundenen Einschränkungen (Untersuchung von Bodenstickstoff und Wirtschaftsdünger sowie erweiterte Gewässerabstände) bringen zusätzlichen Aufwand für unsere Betriebe mit sich. Kleine Betriebe sind von diesen Maßgaben zwar weitestgehend ausgeschlossen. Die fränkische Realteilung sorgt jedoch dafür, dass bei schlagbezogenen Vorgaben die Belastung für Traubenerzeuger ab 3 Hektar deutlich ansteigen.

Benötigte Maßnahmen für die Zukunft:

  • Praxistaugliche Vorgaben für die (Zwischen-)Lagerung von Trestern und Komposten
  • Erleichterungen bei Prüf- und Dokumentationspflichten für Trauben- und Weinerzeuger mit Rebflächen über 3 Hektar

5. Fokussierung auf regionale Produkte – Vorbildfunktion des Staates

Bayern hat mit Franken ein eigenes, bekanntes Weinanbaugebiet. Die hohe Qualität der fränkischen Weine wird zunehmend auch außerhalb des Kernabsatzgebietes anerkannt und geschätzt. Es gibt jedoch noch großes Potential den Freistaat Bayern als Absatzgebiet weiter zu erschließen. Hier kommt dem Freistaat eine wesentliche Vorbildfunktion zu. Denn während derzeit in den Pachtobjekten und Einrichtungen des Freistaats die Bier-Marke vorgeschrieben wird, überlässt man die Weinauswahl dem Caterer oder Betreiber.

Die Einführung des Qualitätssiegels „Geprüfte Qualität Bayern“ für den Bereich Wein und Sekt in diesem Jahr spricht für die starke Identifizierung des Weinbaus mit Bayern.

Benötigte Maßnahmen für die Zukunft:

  • Vorgabe, in Pachtobjekten, Gemeinschaftsverpflegungen sowie bei öffentlichen Veranstaltungen des Freistaats bzw. seiner Einrichtungen ausschließlich Weine aus Bayern auszuschenken.

6. Arbeitszeitgesetz flexibilisieren

Ziel der fränkischen Weinbaubetriebe ist immer, die beste Qualität an Trauben aus den Weinbergen in die Keller zu bringen. Besondere Sorgfalt und gleichzeitig Eile ist geboten, wenn Witterungseinflüsse (z.B. prognostizierte Regenfälle oder Hagel) oder Schädlinge (z.B. Kirschessigfliege) drohen, die Arbeit eines Jahres zunichte zu machen. Aber auch in „normalen“ Jahren muss kontinuierlich gelesen werden. Dies ist u.a. damit zu begründen, dass die unterschiedlichen Rebsorten zu verschiedenen Zeitpunkten reif werden. Auf Grund der großen Anzahl der angebauten Rebsorten sowie der unterschiedlichen Weinprofile, die erzeugt werden, bieten sich während der Erntekampagne im Grunde keine Möglichkeiten, die Arbeit für mehrere Tage ruhen zu lassen. Hinzu kommt, dass die Betriebe nur so viele Trauben verarbeiten können wie die Kapazität der Weinpressen, der Maischebehälter (bei Rotwein) oder der anschließenden Vorklärbehälter hergibt.

Bei klassischen Familienweingütern wird es seltener zu Konflikten mit dem Arbeitszeitgesetz kommen (Weinausbau ist „Chefsache“). Jedoch schon ab einem angestellten Mitarbeiter kann sich das ändern: angestellte Kellermeister sind verantwortlich für alle Maßnahmen und Entscheidungen, die getroffen werden müssen, um die entsprechenden Weinqualitäten zu erzielen. Trotz ihrer Leidenschaft für den Wein kann es auf Grund der Regelungen im Arbeitszeitgesetz zu Problemen kommen. Bei den Erzeugergemeinschaften kommt als weitere Herausforderung hinzu, dass die Mitglieder ihre Trauben zu Stoßzeiten anliefern. Die Winzergenossenschaften versuchen in eigenem Interesse diese zu entzerren, jedoch lässt es sich nicht ganz vermeiden. Zahlreiche Traubenerzeuger bewirtschaften ihre Weinberge im Nebenerwerb oder als Hobby – hier ist die Lese ein Ereignis für die ganze Familie, das am Wochenende stattfindet.

Benötigte Maßnahmen für die Zukunft:

  • Unbürokratische Ausnahmegenehmigung für die Verlängerung der täglichen Arbeitszeit während der Weinlese
  • damit verbunden eine Stärkung für den Weinbau im Nebenerwerb und als Hobby

7. Qualifizierungsmaßnahmen im Weinbau

Von 1995 bis 2010 wurden durch die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) verschiedene Qualifizierungsmaßnahmen angeboten. Die jährlich angebotenen 20-25 Lehrgänge (ca. 400 WinzerInnen, MitarbeiterInnen und Personen aus dem nahen Dienstleistungsumfeld) waren ein wichtiger Baustein für das heutige Image des Frankenweins. Besonders nachgefragt waren die Lehrgänge zu Marketing- und Verkaufsförderung sowie die „Spezialseminare für Winzerfrauen“. Inzwischen gibt es auch Betriebe, die erfolgreich von Winzerinnen geführt werden, und deren Lebensgefährten einen entsprechenden Lehrgang besuchen würden. Bis 2007 wurden diese Lehrgänge über den Europäischen Sozialfonds (ESF) kofinanziert, in der Folge wurden 2010 die angebotenen Lehrgänge reduziert. Auf Grund des anstehenden Generationswechsels in den Betrieben, sehen wir einen Bedarf an entsprechenden Qualifizierungsmaßnahmen. Unter dem Aspekt des „lebenslangen Lernens“ sind neue Qualifizierungsmaßnahmen im Bereich Digitalisierung und Neue Medien (social media) auch für etablierte Betriebe und deren Mitarbeiter von Interesse.

Benötigte Maßnahmen für die Zukunft:

  • Förderung von Qualifizierungsmaßnahmen im Weinbau für Lebensgefährten ohne weinbaufachlichen Hintergrund
  • Förderung von Qualifizierungsmaßnahmen im Bereich Digitalisierung und Neue Medien

8. Förderung der weinbaulichen Forschung an der LWG

Die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim leistet wichtige Forschung mit Lösungen für die Praxis. Zudem bildet Sie an der Staatlichen Meister- und Technikerschule Fach- und Führungskräfte für die Zukunft aus. Zeitgleich steht sie in einem Konkurrenzkampf mit den übrigen deutschen Forschungs- und Bildungseinrichtungen. Mit dem Bau eines modernen Analytik-Zentrums, der Modernisierung des Kellereigebäudes und der Einrichtung eines Sensorikzentrums wurden wichtige Schritte vollzogen. Nichtsdestotrotz ist die Situation für die Teile des Instituts für Weinbau und Oenologie (Weinbau, Versuchsbetrieb) am Standort Herrnstraße nicht zufriedenstellend. Nachdem in die Versuchsbetriebe der Bereiche Obst- und Gartenbau investiert wurde, muss nun auch der Bereich Weinbau folgen.

Benötigte Maßnahmen für die Zukunft:

  • Bewilligung der notwendigen Mittel, um einen modernen Weinbauversuchsbetrieb am Standort „An der Steige“ einzurichten und den Bereich Weinbau auch an diesen zu verlegen.

9. Aufhebung der Mautpflicht für landwirtschaftliche Fahrzeuge ab 7,5t und einer Geschwindigkeit größer 50 km/h

Ab 1. Juli 2018 ist die Mautpflicht für Fahrzeuge ab 7,5 t zulässiges Gesamtgewicht auf alle Bundesstraßen ausgeweitet. Bisher davon ausgenommen waren land- oder forstwirtschaftliche Fahrzeuge im geschäftsmäßigen, entgeltlichen Güterverkehr mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von maximal 40 km/h. Mit der Unterscheidung zwischen gewerblichen Güterkraftverkehrsunternehmen und Unternehmen in der Land- und Forstwirtschaft sollten Transporte der landwirtschaftlichen Betriebe u.a. mit klassischen land- und forstwirtschaftlichen Zugmaschinen (Ackerschlepper, Geräteträger) für eigene Zwecke weiterhin von der Maut befreit sein. Nach aktuellen Urteilen ist die Befreiung von der Maut nicht mehr möglich, wenn die Fahrzeuge über eine bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 40 km/h verfügen. Das hat zur Folge, dass ab 1. Juli 2018 auch landwirtschaftliche Transporte mit solchen Schlepper mautpflichtig sind.

Daher plädieren wir dafür:

  • , dass nach der Kulanzregelung bis zum 1. Januar 2019 das Bundesfernstraßengesetz so zu gestalten ist, dass klassische Zugmaschinen wie Ackerschlepper, Traktoren und Geräteträger mit einer Höchstgeschwindigkeit über 40 km/h, die für Feldarbeiten konstruiert sind, nicht der Mautpflicht unterliegen.