Erlass wegen wesentlicher Reinertragsminderung bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft

Der Fränkische Weinbauverband hat bei Frank Rumpel (ECOVIS Steuerberatungsges. mbH) nachgefragt, wie es sich mit einem Erlass der Grundsteuer wegen wesentlicher Reinertragsminderung bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft verhält.

Gesetz

(1) Die Grundsteuer wird in Höhe von 25 Prozent erlassen, wenn bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft der tatsächliche Reinertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50 Prozent gemindert ist und der Steuerschuldner die Minderung des tatsächlichen Reinertrags nicht zu vertreten hat. Beträgt die vom Steuerschuldner nicht zu vertretende Minderung des tatsächlichen Reinertrags 100 Prozent, ist die Grundsteuer abweichend von Satz 1 in Höhe von 50 Prozent zu erlassen. Der tatsächliche Reinertrag eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft ermittelt sich nach den Grundsätzen des § 236 Absatz 3 Satz 1 und 2 des Bewertungsgesetzes für ein Wirtschaftsjahr. Er gilt als in dem Erlasszeitraum bezogen, in dem das für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft maßgebliche Wirtschaftsjahr endet.

(2) Der Erlass nach Absatz 1 wird nur gewährt, wenn die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs unbillig wäre. Ein Erlass nach Absatz 1 ist insbesondere ausgeschlossen, wenn für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nach § 4 Absatz 1, § 4 Absatz 3 oder § 13a des Einkommensteuergesetzes für dasjenige Wirtschaftsjahr ein Gewinn ermittelt wurde, das im Erlasszeitraum bei der Ermittlung des tatsächlichen Reinertrags nach Absatz 1 zugrunde zu legen ist.

(3) Eine Ertragsminderung ist kein Erlassgrund, wenn sie für den Erlasszeitraum durch Fortschreibung des Grundsteuerwerts berücksichtigt werden kann oder bei rechtzeitiger Stellung des Antrags auf Fortschreibung hätte berücksichtigt werden können.

Kommentierung

(Quelle: Roscher Michael, GrStG-Reform, Erstkommentierung 2020, Rz. 15, Stand: 18.05.2020)

Die Vorschrift über den Erlass der Grundsteuer für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft wurde im neuen Recht vollständig überarbeitet. Ausgehend von den bisherigen Minderungs- und Schadensprozentsätzen 25/50 und 50/100 des bisherigen § 33 Abs. 1 S. 1 und 2 GrStG knüpft die neue Regelung an die tatsächliche Minderung des Reinertrags eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft an und behält das bisherige Tatbestandsmerkmal „nicht zu vertreten“ bei.

An die Stelle eines bei ordnungsmäßiger Bewirtschaftung gemeinhin und nachhaltig erzielbaren Rohertrags tritt der im Wirtschaftsjahr der Ertragsminderung nach den Grundsätzen des § 236 Abs. 3 S. 1 und 2 BewG ermittelte Reinertrag. Aufgrund dieses Gesetzesfolgenverweises geht der Gesetzgeber offenbar davon aus, dass die in den Anlagen 27 bis 31 des BewG normierten Reinerträge anhand der tatsächlichen Umstände vermindert werden. Diese Verfahrensweise orientiert sich an der Reinertragsminderung für die forstwirtschaftliche Nutzung, wie sie in Abschn. 39 Abs. 4 der bisherigen Grundsteuer-Richtlinien beschrieben wird. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die tatsächliche Minderung der Ertragslage auf die für den Hauptfeststellungszeitraum maßgebenden Reinerträge übertragen wird. Aus diesen Gründen müssten die – nur der Finanzverwaltung zur Verfügung stehenden Berechnungsgrundlagen – im Rahmen neuer Grundsteuer-Richtlinien zur Verfügung gestellt werden. Aufgrund des regelmäßig abweichenden WJ in der Land- und Forstwirtschaft fingiert § 33 Abs. 1 S. 3 GrStG die Zuordnung des steuerrechtlich maßgebenden WJ zum Erlasszeitraum. Damit wird sichergestellt, dass bei längeren Steuererklärungsfristen für steuerlich beratene Land- und Forstwirte die Antragsfrist bis 31. März des auf den Erhebungszeitraum folgenden Jahres (§ 35 Abs. 2 GrStG) eingehalten werden kann.

Wie im bisherigen Recht ist auch im neuen Recht Voraussetzung für einen Grundsteuererlass, dass die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs unbillig wäre. In diesem Zusammenhang konkretisiert § 33 Abs. 2 S. 2 GrStG, dass ein Erlass ausgeschlossen ist, wenn für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft im maßgeblichen WJ des Erlasses ein Gewinn erzielt worden ist. Maßgeblich ist das WJ, für das gem. § 33 Abs. 1 S. 3 GrStG ein Erlass beantragt wird.

Praxis-Beispiel

Ein Weinbaubetrieb mit 5 Hektar bewirtschafteter Eigentumsfläche erleidet im August des WJ 2026/2027 einen Hagelschaden, der einen Totalausfall der Ernte 2026 bedingt. Der Gewinn für das WJ 2025/2026 beträgt 15.000 EUR. Der Verlust für das WJ 2026/2027 beträgt 20.000 EUR.

Die Grundsteuer wurde wie folgt ermittelt:
500 Ar × 12,75 EUR/Ar × 18,6=118.500 Grundsteuerwert × 0,59/1000 × 330 %=230,74 EUR

Für welche Erhebungszeiträume kommt ein Erlass der Grundsteuer in Betracht?

Lösung:

1. Vorrangige Prüfung der Erlassbedürftigkeit

Nach § 33 Abs. 2 S. 1 und 2 GrStG kommt ein Erlass der Grundsteuer nur dann in Betracht, wenn die Einziehung der Grundsteuer unbillig wäre. Ein Erlass ist ausgeschlossen, wenn für dasjenige WJ ein Gewinn ermittelt wurde, dass im Erlasszeitraum bei der Ermittlung des tatsächlichen Reinertrags nach § 33 Abs. 1 GrStG zugrunde zu legen ist.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass für die Frage der Erlassbedürftigkeit jeweils auf den Gewinn abzustellen ist, in dem das WJ endet. Damit scheidet eine anteilige Umrechnung der Gewinnanteile aus den WJ 2025/2026 und 2026/2027 entsprechend den ertragsteuerrechtlichen Regelungen über das abweichende WJ aus.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Verlust des WJ 2026/2027 vollständig dem Erhebungszeitraum 2027 zugeordnet wird. Für den Erhebungszeitraum 2026 scheidet ein Grundsteuererlass aus.

2. Ermittlung des Grundsteuererlasses

Der Minderung des tatsächlichen Reinertrags im Sinne des § 236 Abs. 3 S. 1 und 2 BewG beträgt hier aufgrund des Hagelschadens 100 % und ist infolge höherer Gewalt vom Steuerpflichtigen nicht zu vertreten. Zu prüfen wäre, ob aufgrund von Versicherungsleistungen die Minderung des Reinertrags aufgefangen wird. Ist dies nicht der Fall, ist die prozentuale Ertragsminderung als Minderung des Reinertragswerts der weinbaulichen Nutzung anzusetzen.

Nach § 33 Abs. 1 S. 2 GrStG führt eine tatsächliche Minderung des Reinertrags zu 100 % zu einem Grundsteuererlass in Höhe von 50 %, so dass die Grundsteuer für den Erhebungszeitraum 2027 in Höhe von 115,37 EUR zu erlassen ist.

In § 33 Abs. 3 GrStG wird – inhaltsgleich zur geltenden Rechtslage in § 33 Abs. 5 GrStG – bestimmt, dass die Ertragsminderung kein Erlassgrund ist, wenn sie für den Erlasszeitraum durch Fortschreibung des Grundsteuerwerts berücksichtigt werden kann oder bei rechtzeitiger Stellung des Antrags auf Fortschreibung hätte berücksichtigt werden können.

Fazit

Die praktische Bedeutung eines Erlassantrags zur Grundsteuer ist relativ gering. Dies liegt an den Beträgen, über die gesprochen wird, und auch daran, dass die Grundsteuer für einzelne Teilflächen, die von Schäden betroffen sind, sich meist nicht unmittelbar aus den Steuerbescheiden ergibt.