Steuerliche Neuregelungen für Landwirte ab 2021

2020 stehen die politischen Maßnahmen zur Bekämpfung der negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie im Vordergrund. Welche steuerlichen Neuregelungen Landwirte für 2020 und 2021 erwarten können, erfahren Sie hier von Ecovis-Steuerberater Frank Rumpel in Würzburg. 

Die nachfolgend dargestellten Neuregelungen sind derzeit noch ein „Regierungsentwurf“. Dass die darin enthaltenen Anpassungen später auch Gesetz werden, ist sehr wahrscheinlich. Aber es kann sich immer noch etwas ändern.

Der Investitionsabzugsbetrag wird lockerer

Mit dem Investitionsabzugsbetrag (IAB) können Landwirte künftige Investitionen steuerlich teilweise schon vor der tatsächlichen Anschaffung oder Herstellung von Maschinen geltend machen. Damit lässt sich die Liquidität des Unternehmers im Vorfeld der Investition verbessern und somit ein positiver Beitrag zur Finanzierung der Anschaffung sicherstellen. Außerdem umfasst die Regelung auch eine Sonderabschreibung in Höhe von 20 Prozent im Jahr der tatsächlichen Anschaffung. Damit Landwirte die Regelung noch zielgerichteter einsetzen können, plant die Bundesregierung umfangreiche Anpassungen beim IAB und der Sonderabschreibung. Die Regelungen gelten grundsätzlich rückwirkend ab dem Wirtschaftsjahr 2019/2020. Sofern es durch die Regelungen zu Nachteilen für Landwirte kommt, gelten sie erst ab dem Wirtschaftsjahr 2020/2021:

  • Wer darf einen IAB in Anspruch nehmen? Die Regelung stand seit ihrer Einführung für kleine und mittlere Betriebe offen. Bisher wurde die Größe der Betriebe anhand des Einheitswerts (Wirtschaftswerts) festgemacht. Betriebe bis zu einem Wirtschaftswert von 125.000 Euro konnten den IAB bilden. Künftig fällt das Kriterium „Wirtschaftswert“ weg. Stattdessen können ab dem Wirtschaftsjahr 2019/2020 nur noch die Betriebe die IABs geltend machen, die weniger als 200.000 Euro Gewinn im Wirtschaftsjahr erzielen.
  • Wie hoch ist der IAB? Bisher konnten Landwirte bis zu 40 Prozent der künftigen Anschaffungskosten als IAB abziehen. Voraussetzung dafür war, dass sie das Wirtschaftsgut ausschließlich oder fast ausschließlich (mehr als 90 Prozent) im eigenen Betrieb nutzen. Der Gesetzgeber hat hier Erleichterungen geschaffen und weitet den Betrag auf 50 Prozent der Anschaffungskosten aus. Außerdem soll künftig auch die Vermietung von Wirtschaftsgütern begünstigt sein. In Summe haben Landwirte damit künftig mehr Spielraum bei der Nutzung des IAB. 
  • Wie lässt sich der IAB bei Personengesellschaften einsetzen? Landwirte schließen sich häufig zu einer Personengesellschaft zusammen. Insbesondere im Rahmen der Hofnachfolge ist der Einsatz von Mitunternehmerschaften sinnvoll. Bisher war der Einsatz von IABs bei Personengesellschaften äußerst flexibel. Beispielsweise konnte ein Gesellschafter den IAB für sich alleine bilden, die Anschaffung erfolgte dann aber von allen gemeinsam auf Ebene der Gesamthand. Diese Möglichkeit wird nun eingeschränkt: Nur derjenige, der selbst investiert, kann vorher einen IAB bilden.
  • Lässt sich der IAB auch nach einer Betriebsprüfung bilden? Steuerberater nutzten den IAB häufig, um nachteilige Folgen von steuerlichen Betriebsprüfungen zu kompensieren. Weil Betriebsprüfungen häufig für Zeiträume stattfinden, die bereits mehrere Jahre zurückliegen, drohten hier hohe Steuernachzahlungen und Zinsen. Weil der Landwirt aber in der Zwischenzeit schon Maschinen angeschafft hat, für die er noch keinen IAB gebildet hatte, konnten Steuerberater die Ergebnisse der steuerlichen Betriebsprüfung durch Bildung von IABs auf diese Investitionen reduzieren. Es war also möglich, mithilfe des IAB die negativen Konsequenzen einer Betriebsprüfung auf ein Minimum zu reduzieren. Künftig soll das nicht mehr möglich sein. Ein IAB lässt sich im Rahmen einer Betriebsprüfung nur für Wirtschaftsgüter bilden, die erst nach der Bildung angeschafft werden.

Die Anpassungen im Rahmen des IAB sind also recht umfangreich. Dabei sind nicht alle Änderungen für den Landwirt positiv. In Summe wird der Spielraum für den Unternehmer durch die Neuregelung aber erweitert. Bis zur tatsächlichen Verabschiedung des Gesetzes kann es noch zu Anpassungen kommen.

Die Auseinandersetzung von verpachteten landwirtschaftlichen Betrieben bei Personengesellschaften und Erbengemeinschaften

Gegenstand der Diskussion war in den letzten Jahren immer wieder die Frage, ob sich verpachtete landwirtschaftliche Betriebe, die steuerlich Betriebsvermögen führen und an denen mehrere Personen beteiligt sind, aufteilen beziehungsweise auseinandersetzen lassen, ohne dass dies durch Betriebsaufgabe zu einer erheblichen Steuerbelastung führen würde.

Vor 2018 waren solche Vorgänge in der Regel unproblematisch. Sowohl die Finanzverwaltung als auch die Steuerberatungspraxis waren der Auffassung, dass, solange jede Person nach der Aufteilung der Gesellschaft oder Gemeinschaft, Flächen von mehr als 3.000 Quadratmeter bekommt, eine steuerneutrale Auseinandersetzung möglich ist. Der Bundesfinanzhof war jedoch anderer Meinung (Urteile vom 17.05.2018). Die Richter entschieden, dass in diesen Fällen von einer Betriebszerschlagung auszugehen ist, die zu einer erheblichen Steuerbelastung führen kann. Bewirtschaften die einzelnen Gesellschafter die erhaltenen Flächen nach der Auseinandersetzung selbst, kommt es dagegen zu keiner Steuerbelastung.

Nach dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung soll nun die alte und für Landwirte vorteilhafte Rechtslage wiederhergestellt werden. Auch Künftig wird es möglich sein, verpachtete Betriebe, die im Eigentum mehrerer Personen stehen, auseinanderzusetzen, ohne dass es hierdurch zu einer Steuerbelastung kommt. Das dürfte insbesondere die Hofübergabe auf mehrere Kinder wieder attraktiver machen. 

Option zum kalendergleichen Wirtschaftsjahr

Bereits im Laufe des Jahres wurde eine Neuregelung zum landwirtschaftlichen Wirtschaftsjahr verabschiedet. Bisher konnten Landwirte nur in Ausnahmefällen vom regulären Wirtschaftsjahr (30.06. bis 01.07. des Folgejahres) abweichen. Nach der Änderung der entsprechenden Durchführungsverordnung steht Landwirten nun ganz unproblematisch auch die Wahl zum kalendergleichen Wirtschaftsjahr vom 01.01. bis 31.12. offen. Landwirte können nach Auffassung der Finanzverwaltung in Bayern erstmals für das Wirtschaftsjahr 2021 zum kalendergleichen Wirtschaftsjahr optieren. Das vorangehende Wirtschaftsjahr verlängert sich um ein halbes Jahr und läuft damit beispielsweise vom 30.06.2019 bis zum 31.12.2020 insgesamt 18 Monate lang.

Umsatzsteuerpauschalierung für Landwirte

Die Umsatzsteuerpauschalierung für Landwirte war in den letzten Jahren Gegenstand eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland auf EU-Ebene. Hintergrund ist die von der EU vermutete verdeckte Subventionierung von Landwirten, unabhängig von deren Größe, und die damit einhergehenden Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt. Insbesondere Frankreich sieht die derzeitige Form der Umsatzsteuerpauschalierung in Deutschland kritisch.

Vor diesem Hintergrund hat sich der deutsche Gesetzgeber nun zu einer umfassenden Änderung der Umsatzsteuerpauschalierung für Landwirte entschlossen. Das Vorgehen soll zu einem außergerichtlichen Vergleich im Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof führen und außerdem dem Erhalt der Umsatzsteuerpauschalierung – dann in anderer Form – dienen. Während seit langem bekannt war, dass es zu einer Anpassung kommen wird, war lange unklar, wie diese aussehen soll. Erst vor kurzem wurden die entsprechenden Passagen in den Gesetzesentwurf aufgenommen.

Die Umsatzsteuerpauschalierung für Landwirte wird es auch künftig geben, daran bestehen keine Zweifel. Darüber hinaus wird 2021 noch keine Änderung des Status quo erwartet. Erst ab dem Jahr 2022 müssen sich Landwirte auf neue gesetzliche Rahmenbedingungen einstellen. Im Kern stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien künftig entschieden wird, ob Landwirte die Sonderregelungen der Durchschnittsatzbesteuerung (derzeit 10,7 Prozent Vorsteuerpauschale) auch weiterhin anwenden können.

Der Gesetzesentwurf sieht hierfür folgende Richtwerte vor: Künftig wird die Möglichkeit zur Umsatzsteuerpauschalierung vom Gesamtumsatz des Landwirts abhängig sein. Der Gesamtumsatz beinhaltet dabei neben den Umsätzen aus dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft auch Umsätze außerhalb der landwirtschaftlichen Betätigung, wie beispielsweise Umsätze aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage oder einem Hofladen. Beträgt der so ermittelte Gesamtumsatz weniger als 600.000 Euro pro Jahr, können Landwirte die Umsatzsteuerpauschalierung weiterhin anwenden.

Was für die meisten Landwirte auf den ersten Blick unproblematisch wirkt, stellt sich im Detail tückisch dar. Verkauft der Landwirt während des Jahres Anlagevermögen, wie zum Beispiel einen Mähdrescher oder Kartoffelroder, sind damit einmalige, hohe Umsätze verbunden. Diese Umsätze sind in die Grenze einzubeziehen, sodass er unter Umständen aufgrund des Verkaufs von Anlagevermögen die 600.000 Euro Grenze überschreitet. Im darauffolgenden Jahr kann er die Pauschalierung dann nicht mehr anwenden. Nachdem die Neuregelung ab 2022 greift, ist für die Anwendung der Umsatzsteuerpauschalierung bereits der Umsatz in 2021 entscheidend. Überschreitet der Landwirt 2021 die Umsatzgrenze, kann er 2022 nicht mehr pauschalieren. Anlagenverkäufe sollten Landwirte dementsprechend nach Möglichkeit bereits ins Jahr 2020 vorziehen.

Werden die neuen Umsatzgrenzen eingehalten, ändert sich für den Landwirt wenig. Er kann weiterhin  freiwillig zur Regelbesteuerung optieren oder aber von der Vorsteuerpauschale in Höhe von 10,7 Prozent Gebrauch machen.

Steuerbefreiung für kleine Photovoltaikanlagen

Bereits im letzten Jahr hat die Bundesregierung eine Gewerbesteuerbefreiung für Photovoltaikanlagen bis zu einer installierten Leistung von 10 Kilowatt peak (kWp) verabschiedet. In diesem Jahr geht sie noch einen Schritt weiter und weitet die Steuerbefreiung auf die Einkommensteuer aus. Kleinanlagen bis zu einer installierten Leistung von 10 kWp werden damit künftig komplett von der Ertragsteuer ausgenommen. Hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung ändert sich dagegen nichts. Voraussetzung ist, dass die Anlage nach dem 31.12.2019 errichtet wurde oder errichtet wird.

Verbilligte Vermietung

Damit Vermieter ihre vollen Werbungskosten, beispielsweise Abschreibung, Grundsteuer und vieles mehr, steuerlich von den Vermietungseinnahmen abziehen dürfen, war es bisher zwingend erforderlich, dass die Höhe der Miete mindestens 66 Prozent der ortsüblichen Miete beträgt. Ziel dieser Regelung ist es, dass Landwirte die Vermietung, beispielsweise an Familienangehörige, nicht dazu nutzen, steuerlich Verluste geltend zu machen. Unterschreitet die Miete die Grenze, sind die Werbungskosten nur noch anteilig zum Abzug zugelassen. Der Druck auf dem Wohnungsmarkt hat den Gesetzgeber nun dazu veranlasst, die vorstehende Grenze auf 50 Prozent der ortsüblichen Miete herunterzusetzen. Damit lässt sich die verbilligte Vermietung von Wohnungen steuerlich umfangreicher anerkennen. Zwischen 50 Prozent und 66 Prozent muss nach dem Gesetzesentwurf aber geprüft werden, ob sich mit der Vermietung über einen Zeitraum von beispielsweise 30 Jahren insgesamt ein Überschuss erzielen lässt. Nur wenn das so ist, sind auch Verluste aus der Vermietung voll abzugsfähig.

Fazit

Die angestrebten Gesetzesänderungen sind für die heimischen Landwirte überwiegend positiv zu werten und eröffnen Spielräume in der steuerlichen Beratung landwirtschaftlicher Betriebe. In Einzelfällen kann es, insbesondere bei der Umsatzsteuerpauschalierung und der Neuregelung des IAB auch zu Nachteilen für Landwirte kommen. Dabei ist nicht zu vergessen, dass dem deutschen Gesetzgeber auf Druck der Nachbarstaaten gerade bei der Umsatzsteuerpauschalierung die Hände gebunden waren. Die künftige Form der Pauschalierung stellt dabei einen für heimische Landwirte durchaus vorteilhaften Kompromiss zwischen den Vorstellungen anderer EU-Mitgliedsstaaten und denen der Landwirte in Deutschland dar. Bis zur abschließenden Abstimmung über den Gesetzesentwurf kann es noch zu kleineren Anpassungen kommen.

Frank Rumpel ist Steuerberater bei Ecovis in Würzburg. Seine Kanzlei ist spezialisiert auf Betriebe in der Land- und Forstwirtschaft. www.ecovis.com/wuerzburg