Jugendschutz beim Verkauf von Alkohol über das Internet

Die Weinbauverbände in Deutschland sowie der Deutsche Weinbauverband befinden sich derzeit in einem Abstimmungsprozess zur Klärung der Kriterien für einen rechtssicheren Versand von Alkohol über das Internet. Jeder Winzer ist bis dahin gut beraten, vor allem bei Neukunden das Alter des Bestellers möglichst sicher zu überprüfen und dies zu dokumentieren und beim Versand auf die Einhaltung der folgenden Kriterien zu achten.

Viele Landwirte und Winzer mit einem Online-Handel sind derzeit verunsichert, wie ein rechtssicherer Versand von Wein, Bier und Spirituosen erfolgen kann. Hintergrund ist die massenhaft versandte Informationsmail eines angeblichen Wettbewerbers, die auf eine besondere rechtliche Problematik, die das Landgericht in Bochum (AZ 13 O 1/19) kürzlich in einem Urteil aufgezeigt hat, hinweist. Im normalen Handel mit Brandwein und brandweinhaltigen Getränken –z.B. im Supermarkt – gibt es klare Regelungen, wonach diese nicht an Kinder und Jugendliche abgegeben werden dürfen. Einzelheiten regelt § 9 des Jugendschutzgesetzes. Obwohl ein ausdrückliches Versandhandelsverbot vom Gesetzgeber in dieser Vorschrift – wie etwa beim Onlinehandel von Tabakwaren – nicht vorgesehen ist, besteht jedoch grundsätzlich Einigkeit darüber, dass jeder, der im Wege des Versandhandels Brandwein und brandweinhaltige Getränke versendet, keine Auslieferung an Minderjährige ermöglichen darf. Dies gilt ebenso für andere alkoholische Getränke wie Wein, Bier und Sekt. Diese dürfen an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren nicht abgegeben werden (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 JuSchG). Das hat das Landgericht in Bochum im Januar 2019 erstmals auch für den Versandhandel mit alkoholischen Getränken eindeutig ausgeurteilt, auch wenn die Entscheidung selbst derzeit noch nicht rechtskräftig ist.

Dabei ist der einzuhaltende Grundsatz nicht neu, auch wenn die Praxis die Einhaltung nicht immer so genau zu nehmen scheint. Wenn alkoholische Getränke beziehungsweise Brandwein und brandweinhaltige Getränke im Wege des Versandhandels abgegeben werden, muss der Versender Sorge dafür tragen, dass der Besteller die gesetzlichen Altersgrenzen nachweislich einhält und der Empfänger die entsprechenden Kriterien ebenfalls erfüllt. Grundsätzlich wäre diese Überprüfung im Rahmen eines zweistufigen Verfahrens möglich.

In der ersten Stufe würde bei Eingang der Bestellung das Alter des Bestellers überprüft, in der zweiten Stufe die Identität des Bestellers bei der Auslieferung. Bei Bestandskunden ist die erste Stufe in der Regel unproblematisch, wenn diese und deren Alter bekannt sind sowie die Auslieferung auch ausschließlich an diese Personen (und nicht etwa an Dritte wie Nachbarn oder gar minderjährige Kinder) erfolgt. Die Altersprüfung bei der Bestellung kann dann sozusagen entfallen, weil die Person persönlich bekannt ist und die Überprüfung bereits anderweitig (z.B. bei einem Besuch im Weingut) erfolgt ist. Bei Neukunden ist jedoch Vorsicht geboten und das Alter des Bestellers muss rechtssicher dokumentiert werden. Wie das genau geht, ist umstritten, die Übersendung einer Ausweiskopie dürfte wegen des Fälschungsrisikos genauso problematisch sein wie eine einfache Check-Box im Rahmen des Bestellprozesses. Letzteres hat auch das Landgericht Bochum in seiner Entscheidung, bei der es um den Testkauf einer Flasche Gin unter Angabe eines falschen Geburtsdatums ging, festgestellt. Dennoch ist eine solche Vorgehensweise sicher besser, als gar keine Maßnahmen zur Überprüfung des Alters anzustellen, rechtssicher ist dies jedoch nicht. Sicher, aber teuer und aufwändig, sind spezielle Verfahren der Identitätsprüfung, die beispielsweise durch die Post und andere Anbieter (auch onlinegestützt) angeboten werden.

Die zweite Stufe, die Überprüfung der Identität zwischen Besteller und Empfänger, kann beispielsweise im Rahmen von speziellen Identitätsprüfungen bei der Auslieferung oder einer Versandoption „eigenhändig“ sichergestellt werden. Möglicherweise kann die Übergabe an Dritte durch eine ausdrückliche Vollmacht zugunsten eines volljährigen Familienmitglieds oder Nachbarn gelöst werden. Eine Sichtprüfung (in Bezug auf das Alter), wie sie von einigen Versandhändlern angeboten wird, ist nicht unproblematisch, wie das OLG Frankfurt einmal festgestellt hat. Wenn die Identität zwischen (volljährigem) Besteller und Empfängers nicht eindeutig geklärt werden kann, dann muss die Übergabe des Pakets eben unterbleiben. Mindestens muss sichergestellt werden, dass die Auslieferung nur an eine vom Besteller ausdrücklich legitimierte Person erfolgt, die die notwendigen altersmäßigen Voraussetzungen erfüllt. Das gilt übrigens unabhängig vom Bestellweg. Auch bei denjenigen Kunden, die beispielsweise per Telefon oder per Fax bestellt haben, muss sichergestellt werden, dass die Auslieferung nur an Personen entsprechenden Alters erfolgt.

Bei Verstößen gegen die Regelungen des Jugendschutzes drohen grundsätzlich Ordnungswidrigkeiten mit Geldbußen bis zu 50.000 Euro, zudem besteht auch die Gefahr von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen, falls diese Vorgaben nicht umgesetzt werden.

Landwirtschaftliche Direktvermarkter, insbesondere Winzer, die im Wege des Versandhandels ihre Produkte verkaufen, müssen dies und auch die möglicherweise entstehenden zusätzlichen Kosten bei ihrer Verkaufsplanung unbedingt berücksichtigen.  

Ein Beitrag von Marcus Hehn (Rechtsanwalt im Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau e.V., Koblenz)